Was ist das Bewußtsein ?

Michael
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Was ist das Bewußtsein ?

Beitrag von Michael » Mo 7. Aug 2017, 21:39

Ich möchte hier mal die Büchse der Pandora mit diesem Thread öffnen. :o
Denn auch wenn die Definition und die Beschreibung von Bewußtsein alles andere als klar ist, so dürfte doch ein Konsens darüber bestehen, dass wir es bei diesem Thema mit einem nicht-materiellen Aspekt zu tun haben. Dabei soll jetzt nicht automatisch die Funktion der Gehirnzellen, also der Neuronen, wegdiskutiert werden, aber wenn man den menschlichen Geist, das Ego, die Persönlichkeit, als reine Neuronenaktivität betrachtet, stellt man sich quasi auf die Stufe eines hochentwickelten Supercomputers.
Das dürfen andere von mir behaupten, wenn sie mich nicht leiden können 8-) , aber ich selbst sehe mich nicht in dieses "Zwangskorsett aus intelligenten Schaltungen" eingezwängt.

Das soll genug der einleitenden Vorrede sein, denn im Prinzip stehen wir jetzt schon an den 2 Türen mit den Schildern "freier Wille" [Philosophie] und "instikthaftes Verhalten" [Psychologie] und ich bin gespannt, wie ihr das ungemein schwierige Thema "Bewußtsein" seht.

Wer nicht mit dem Thema "Bewußtsein" einsteigen möchte, kann ja mit der Frage beginnen: Wo sind meine Gedanken beheimatet - im Gehirn ? Und wenn ja, in genau welcher der vielen Gehirnzellen ? ;)
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LG Michael

Michael
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Re: Was ist das Bewußtsein ?

Beitrag von Michael » Fr 18. Aug 2017, 23:00

als Biologe möchte ich einen Aspekt nochmals besonders hervorheben, den ich auch in meinem ersten Post erwähnt habe.

Es geht um die Frage, was machen die Nervenzellen in meinem Körper und natürlich ganz besonders in meinem Kopf, wo die Menge an Nervenzellen deutlich konzentriert ist ?
Und vor allem möchte ich die gängige These in Frage stellen, ob das Gehirn tatsächlich der "Sitz" unseres Bewußtseins ist ?

Dazu ist es aber wichtig, dass man die "Lebensweise" der Nervenzellen kennt. Denn zum einen sind Zellen ja die Grundträger der Lebensvorgänge, wie hier schon beschrieben
http://www.viaveto.de/forum/viewtopic.php?f=23&p=59#p35
und dann haben sich Nervenzellen darin spezialisiert, Eingangssignale von Rezeptorzellen aufzunehmen und durch mehr oder weniger komplizierte Verschaltungen mit anderen Nervenzellen zu modifizieren und weiterzuleiten. Das bedeutet zunächst mal, dass Nervenzellen in die Lebensprozesse des gesamten Organismus eingebunden sind. Nicht nur durch Stoffwechsel Interaktionen mit anderen Zellen, die sie versorgen, sondern auch mit dem "Leben" des gesamten Organismus, wie auch immer das genau organisiert sein mag.
Die Ähnlichkeit mit der 1-0 Kodierung in unserern modernen Computern ist nicht so weit hergeholt, wenn gleich die Feinjustierung auf Zellebene deutlich ausgeprägter sein dürfte, als es dieser Vergleich nahelegt. Aber im Prinzip kann man grob davon ausgehen, dass in unserem Gehirn ähnliche "Programme" ablaufen, wie sie auch in meinem Computer hier stattfinden.
Deshalb gibt es auch seit etlichen Jahren in der Diskussion um die Künstliche Intelligenz (KI) die Frage, ob wir lediglich noch bessere Schaltungen in unserern Microchiops brauchen, um ein künstliches "Bewußtsein" herzustellen oder es prinzipiell nicht möglich ist, Bewußtsein durch komplexe Schaltungen zu erzeugen.

Eine entscheidende Frage ist meiner Meinung nach, wie man sich einen Gedanken im Menschen vorstellen kann, mit dem Hintergrund der Nervenzellaktivität?
Ist ein Gedanke eine Signalkette von einer Nervenzelle zur nächsten, die einen Sinneseindruck verarbeitet? Wenn ja, könnte man diesen Gedanken durchaus in den Aktivitäten der Nervenzellen nachvollziehen und seinen "Weg" im Gehirn verfolgen.
Das würde aber auch bedeuten, dass ein Computer mit entsprechender Komplexität, der ähnliche Verschaltungen aufweisen kann wie unser Gehirn, in der Lage wäre Gedanken auszubilden mit entsprechenden Bahnungen.
Ich selbst habe so meine Probleme mit diesem Ansatz, auch wenn man ihn weder beweisen noch widerlegen kann. Wenn ein Gedanke so eine profane Erklärung in Form eines Nervenzellsystems wäre, frage ich mich, warum es in mir so viele Gedanken zu dem Leben auf diesem Planeten und dem richtigen Weg für die Zukunft der Menschheit gibt, obwohl diese Fragen nun sicher keine Sinneseindrücke als Ursprung haben.

Allerdings darf man auch nicht vergessen, dass es psychologische Untersuchungen zu völliger Isolation von Sinneseindrücken gibt und dass solche Erlebnisse von den Personen oft als sehr verstörend geschildert werden und teilweise sogar in psychische Verzweiflung führen.

Auch wenn ich also Gedanken eindeutig im nicht-materiellen Bereich sehe, gibt es Verbindungen zur Nervenaktivität. Jeder kennt den Effekt, dass man tagträumerisch seinen Gedanken nachhängt und dann z.B. durch ein lautes Geräusch wieder auf seine Sinneseindrücke zurückgeführt wird. Das scheint mir eine klare Situation, wo die Gedanken sich im nicht-materiellen Bereich ausbreiten können, aber gleichzeitig eine Verbindung zu den Sinneseindrücken bestehen bleibt. Ich sehe darin auch eine Erklärung für das Schlafbedürfnis von uns Menschen, aber auch von Tieren mit komplexeren Gehirnen. Offenbar müssen sich die "Gedanken", die ich damit natürlich auch Tieren zugestehe, für eine Gewisse Zeit frei von den Sinneseindrücken machen, während das Gehirn weiterhin aktiv bleibt während des Schlafes. Während des Traumschlafes scheint eine besondere "inverse" Verbindung zwischen den Gedanken und den Gehirnaktivitäten zu bestehen, die aber extrem wichtig sind, weil wir ohne Traumschlaf auf Dauer in völlige Verwirrung geraten.

Der Schritt vom Gedanken zum Bewußtsein ist dann nicht mehr weit, würde ich meinen. Aber das wäre jetzt doch zuviel für diesen Beitrag. Deshalb ist hier erst mal Pause von meiner Seite.

Viele Grüße
Michael

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Daniel
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Re: Was ist das Bewußtsein ?

Beitrag von Daniel » Sa 19. Aug 2017, 01:53

Hi Michael,

ich sehe Gedanken stets materiell, alles ist materiell. Es existiert nichts imaginäres, nur Objekte existieren. Ein Gedanke ist selbst kein Objekt, sondern lediglich eine bestimmte Konfiguration von Nervenaktivität. Man könnte das mit einem Ladungs- und Spannungszustand vergleichen. Im Computer benötigt man neben Transistoren auch Kondensatoren, welche den Strom speichern können bzw. wo die Spannung über einen Zeitraum gehalten wird. Denn eine Datenverarbeitung wäre ohne Speicherkapazität unmöglich.

Unser Gehirn muss träumen, damit die sensorischen und gedanklichen Eindrücke in Form gebracht werden können. Nervenzellen wachsen nicht so schnell, außerdem müssen falsche Verbindungen wieder abgebaut werden, damit wir uns überhaupt etwas merken können.

Ich befürchte, dass eine logische Maschine niemals ein Bewusstsein bekommen kann. Was aber möglich sein wird, ist eine Programmierung, welche Bewusstsein simuliert und welches dann als Simulation zum "echten" Bewusstsein evolviert.

In Zukunft wird es möglich sein, einen Computer so zu programmieren, dass dieser sich erkennt, dazu sind freilich irrsinnig viele Sensoren nötig, genau wie im Bioroboter.
Mittels Software können diese Sensoren-Inputs ausgewertet und im Endeffekt als programmiertechnische Meisterleistung ein Bewusstsein simuliert werden. Der Computer kann dann mit uns über seinen Zustand kommunizieren, also über seine Gefühle sprechen und sich wie ein emotionales, rationales Lebewesen verhalten. Schalten wir den Strom ab, ist er aus, er schläft nicht.

Schlaf ist unnötig für eine logische Maschine, denn deren Lernen funktioniert in Echtzeit, Speicherkapazität ist nicht das Problem.

Ein Gedanke im Computer ist auch nur ein Binärcode und materiell eine Ladungskonfiguration in den Speicherbänken.

Servus

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Re: Was ist das Bewußtsein ?

Beitrag von Rico » Sa 19. Aug 2017, 12:46

Hallo Michael,
Du beschreibst hier m. M. Nach wesentliches.:

„Und vor allem möchte ich die gängige These in Frage stellen, ob das Gehirn tatsächlich der "Sitz" unseres Bewußtseins ist ?“

Aber warum wird hierbei nur eine computistische 'Kodierung' von 0/1, an/aus gesehen und dies in Relation zum vermeintlich all-fasslichen (nach Daniel sogar vorherbestimmten) Zustand² gesetzt?

Liegen diese ausschließlich analog-kybernetischen Prämissen am gegenwärtig kollektivgeistig binärfunktionalen Zustand der Massenpsyche? Gründen derartige Denkverhältnisse also auf dem Fundament einer disfunktional, weil gespaltenen kollektiven Psyche. Wirkt dies mehrheitlich in jedem denkbefähigten Individuum kausal fatal?

>Einfachst: Weshalb reden wir vom Frieden und machen Krieg? Weshalb bauen wir Maschinen (Ersatz für Heiligenfiguren) und postulieren pseudoreligiös durch diese unsere Vernichtung (Ersatz für Apokalypse)?

>Ist dieses Tausendjährige Verhältnis kollektiver Geistesschwäche sogar derzeitiges Fundament eines gedanklich unfreien Willens? Sind verantwortungslos handelnde, von den Teilnehmern erhobene „Verantwortliche Führer“ selbst am unfähigsten sich eines gedanklich konstruktiven 'Freien Willens' zu bedienen?

>Ist also die destruktive 'Tat' gegenwärtig die einzige Form des Aufbegehrens in einer mehrheitlich Binärsystematisch bestimmten Massenseele? Um damit einen primitiven „Freien Willen“ wenigstens durch moralischen 'Gesetzesbruch' zu tätigen? Bioroboter, Krieg und Terror als einziges primitives Mittel um die gespaltene, abgetrennten Herz-Seele vom Hirn, zu kanalisieren und durch Gewalt zum Ausdruck zu bringen?


Beweisführend im Hinblick auf den Realen Zustand der globalen Anstalt könnte man nun ausführen:

Freier Wille gründet sich auf Widersetzung jedes Holons im unfreien Habitat (z.B. Humanoid-Erde).

Freier Wille setzt unterbewußte Gedanken oder unbewußte Gedanken eines all-umfasslich vernetzten Holons in die Tat um. (frei willentlich formuliert nach Arthur Koestler...)

Als höchste konstruktiv unterbewußte Regel eines Freien Willen steht hierbei „Du sollst nicht Töten“ und findet sich im 'kategorischen Imperativ' als Ultimative bestätigt.

Im bikameral-binärsystematisch schizophrenen Wesen äußert sich gedanklich Freier Wille jedoch in der unbewußt destruktiven Tat. In aller Regel durch brechen moralischer Gesetze. Die Verantwortungslose Tat der gedanklich unmündigen Mehrheit und ihrer Erhobenen Führer legitimiert sich nun selbst und wird durch praktiziertes Gesellschaftssystem, Geldsystem oder staatliches Religionssystem 'regelmäßig' exekutiert. Unmündig geistig unfrei willensschwache zähmen sich selbst und geraten aufgrund ihres unbewußten Geisteszustandes in einen Strudel des stetig destruktiven Aufbegehrens und Niederschlagens. Sich befehdender Parlamentarismus, Fussballvereine oder kongruierende Religionen sind Narrativ dieser destruktiven unbewußt wirkenden Gedanken, in mehr oder weniger ausgeprägter Form.

Krieg & Terror als einzige Form der Widersetzung von geistig armen Kollektiven. Um wenigstens einen primitiven 'Freien Willen' in die Tat umzusetzen. Verantwortungslos unbewußte 'Automaten/Autisten' sind unfähig sich eines konstruktiven „Freien Willens“ mittels unterbewußter Geisteskraft zu bedienen. Es ist nur logisch das derartige Gesellschaften gleichsam fungierende „künstlich intelligente“ 'Bioroboter' als höchstes Ziel und Spiegelbild entwerfen möchten.

Abgefahrene Kausalbetrachtung zu guter Letzt.:

Kann man 'Freie Radikale' Elektronen als Speicherquelle und Antrieb aller 'Brownscher Bewegung', sowie sinngemäß als sich ursächlich widersetzende Mikro-Holone verstehen? Gründet sich eine rasende Sonne, resp. ihr gebundenes Planetensystem, als 'Freier Kondensator', in mitten von mehrheitlich Filamentgebundenen Sternensystemen, auf exakt diesem interstellar gegenwärtig vorherrschenden Zustand². Ist dieses Reactio eines chaotisch wirkenden Zufall³. Die Sonne als übertragen 'Frei Rasende Synapse' gleich einem sich widersetzenden Virus? Hervorgerufen durch einen lokalen 'Unfall', der als 'Urknall' von den Binärsystematikern betitelt wird und doch nur Effekt eines unberechenbaren Mega-Zufall³ ist? Liegt im chaotischen Zufall³ die all-gegenwärtige Suche nach Information³ verborgen. Ist diese, meine so abstruse Größenwahnsinnige Annahme der Sinn aller gegenwärtiger Existenz.....

Der Mensch also, als aus diesem Verhältnis des Zufall³, -dem Try und gewaltsamen Unfall- hervorgegangenes Wesen, bildet dieses 'Speichermedium' in seinen unterschiedlichen Bewußtseinsstufen nur geringfügig ab. Definiert sich selbst durch seinen geistigen Horizont, entsprechend dem gegenwärtigen kausalen Verhältnissen in aller Tat. Der unbewußte und bewußt 'Freie Wille' menschlicher Tat wäre demzufolge abhängig von Prämissen kosmischer Wechselwirkungen und ist deren banales Ergebnis.

https://www.youtube.com/watch?v=C4V-ooITrws

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Rico
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Re: Was ist das Bewußtsein ?

Beitrag von Rico » Sa 19. Aug 2017, 12:53

Hallo Daniel,
damit komm ich nicht klar.:

ich sehe Gedanken stets materiell, alles ist materiell. Es existiert nichts imaginäres, nur Objekte existieren. Ein Gedanke ist selbst kein Objekt, sondern lediglich eine bestimmte Konfiguration von Nervenaktivität.

Du siehst (!) in Deinem ersten Satz Gedanken als Materielle Objekte.
Im Zweiten Satz ist ein Gedanke kein Objekt, sondern Konfiguration zwischen Synapsen....

Was in Hinsicht der Plasmafunktion des Alls unstrittig ist, ist die Speicherfunktion auf Basis von elektromagnetischer Wechselwirkung. Sinngemäß übertragen könnte dies bedeuten das Sterne, wie z.B. die Sonne, als Kondensatoren wirken und über untergeordnete Opjekte >Planeten einwirken. Im menschlichen Nervensystem übernehmen diese Aufgaben (Speicherfunktion) Knotenpunkte der Synapsen.

Die richtige Feststellung, daß eine logische Maschine niemals ein Bewußtsein bekommen kann, ist zugleich der Knackpunkt unserers gegenwärtig kollektiven Bewustseinsstadium. Derartige binärsystematische Kreationen können 'Bewußtsein' nur analog simulieren, jedoch nie authentisch, daß bedeutet >unterbewußt< wirken. Dennoch werden 'Bioroboter' als 'Bewußt handelnde Maschinen dargestellt....

Und hier löst sich der Knackpunkt m. M. nach auf.:

Aufgrund des 'nur Bewußten', weil überemotional oberflächlich gespaltenen Wirkens der bikameral fungierenden Massenpsyche, stellt sich eine konstruktive Verbindung zwischen Herz (als Ursprung realer Erfassung im Verdrängten Unterbewußten) mit der Speicherfunktion der Synapsen im Hirn nicht dar.
Als Output dieses Zustandes gebärt sich nun eine gleichsame Darstellung der disfunktionalen Massenpsyche durch einen analog handelnden Automaten, bzw. 'Bioroboter'. Das will heißen, ein Bioroboter ist das Spiegelbild der binärsystematischen Massenpsyche.

Zitat Daniel:

„Ein Gedanke im Computer ist auch nur ein Binärcode und materiell eine Ladungskonfiguration in den Speicherbänken.“

>Korrekt. Weil ein Abbild des bikameralen, weil analogen Geisteszustandes².

Arthur Koestler vermutete schon tiefsinnig das 'irgend etwas' mit der menschlichen Massenpsyche in der Vergangenheit schiefgelaufen ist, wodurch sich unser heutig schizophren-pschopathischer Kollektivzustand entfachte. Hier gelangt man weitergedacht zur 'Chronologiekritik' und somit zu bislang global unaufgearbeiteten Ursachen jüngster Vergangenheit, während und vor einer „Völkerwanderung“, mit all den Auswirkungen auf die umgekrempelte menschliche Massenpsyche. :

viewtopic.php?f=21&t=19

Mit dieser Kausalen Sichtweise verbindet sich nun die derzeitig so fatal wirkende binärsystematische Massenpsyche mit der infantilen Verdinglichung des Synonymes „Zeit“.:

viewtopic.php?f=20&t=14

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Raphael
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Re: Was ist das Bewußtsein ?

Beitrag von Raphael » Sa 19. Aug 2017, 13:55

Ich habe alle Beiträge, die sich mit freiem Willen beschäftigen, in ein neues Thema verschoben. viewtopic.php?f=11&t=22

Was hier zuvor schon ausgedrückt wurde, sehe ich genauso: Gedanken und Bewußtsein sind nicht dasselbe. Als eliminativer Materialist steht es für mich außer Frage, daß Gedanken eine elektrochemische, zelluläre Ursache haben. Es ist eine spannende Fragestellung, wie genau die Zusammenhänge sind. Aber noch spannender finde ich Eingangsfrage, was Bewußtsein eigentlich ist.

Es ist sicherlich sehr schwierig, Bewußtsein genau zu definieren. Daher könnte man zunächst einfacher vorgehen und herausstellen, was Bewußtsein nicht ist. Wenn wir die großen mentalen Leistungen des Menschen in dieser Hinsicht untersuchen, ergibt sich ein ganz anderes Bild als wir uns gemeinhin von unserem Bewußtsein machen. Generell messen wir unserem Bewußtsein sehr viel mehr Einfluß und Wichtigkeit zu als es tatsächlich besitzt. Ich werde über mehrere Beiträge hinweg Beispiele für komplexes mentales Verhalten anführen, für die kein Bewußtsein notwendig ist. Viele dieser Beispiele wurden schon von Julian Jaynes in "The Origin of Consciousness in the Breakdown of the Bicameral Mind" erwähnt.
____________________________

Beginnen wir mit der Frage: Wenn wir wach sind, sind wir dann allzeit bewußt?

Als Schnellschuß aus der Hüfte würden die meisten dies bejahen. Aber so ist es nicht. Um uns das klarzumachen, bedenken wir zunächst, daß eine Minute aus 60.000 Millisekunden besteht. Sind wir uns jeder dieser Millisekunden bewußt? Natürlich nicht. Die Grenzgeschwindigkeit, mit der Neuronen kommunizieren können, ist schon eine natürliche Barriere, die einen kontinuierlichen Bewußtseinsstrom, wie wir ihn uns selbst unterstellen, unmöglich macht.
Aber sind wir uns wenigstens jeder Sekunde oder Minute bewußt? Ich glaube, jeder kennt das Phänomen, wenn man sich z. B. während einer Autofahrt plötzlich bewußt wird, daß man die letzten Kilometer Fahrt gar nicht bewußt miterlebt hat. Das gleiche Phänomen gibt es auch bei vielen absorbierenden Spielen und anderen Tätigkeiten. Man wird sich plötzlich bewußt, daß man über einen längeren Zeitraum nicht bewußt war. Man wundert sich dann, wie schnell die Zeit vergangen ist. Unbewußt zu sein, bedeutet auch, kein Zeitgefühl zu besitzen.
Sobald man das Bewußtsein wiedererlangt hat, rekonstruiert man auf die Schnelle, was man im unbewußten Zeitraum gemacht hat. Man sieht sich in der Retrospektion von außen! Dies entspricht keinesfalls einem realen Sinneseindruck, sondern ist vielmehr eine Illusion, die uns anzeigt, daß wir hier unsere eigene Realität erschaffen, um uns selbst einen kontinuierlichen Bewußtseinsstrom vorzugaukeln.
Wir wissen nur, daß wir bewußt sind, wenn wir bewußt sind. Und wir können nicht bewußt wahrnehmen, wann wir nicht bewußt sind. Offensichtlich. Letztlich erleben wir nur unregelmäßige Bewußtseinsepisoden über den Tag verteilt, die wir dann während der Bewußtseinsepisoden zeitlich verknüpfen. Es ist ein wenig wie mit dem blinden Fleck im Auge (https://de.wikipedia.org/wiki/Blinder_Fleck_(Auge)). Ein Bereich, in dem wir visuell nichts wahrnehmen können, aber wir bemerken ihn nicht, da unser Gehirn ihn ausbügelt. Ebenso haben wir blinde Flecken des Bewußtseins, nur weitaus mehr. Sie alle werden in den bewußten Phasen verknüpft, als hätte es nie eine Unterbrechung des bewußten Zustands gegeben. Tatsächlich aber driften wir ständig ins Unbewußte und wieder zurück. Dabei sind die unbewußten Zeitspannen sehr viel länger als die bewußten.

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Re: Was ist das Bewußtsein ?

Beitrag von Daniel » So 20. Aug 2017, 03:53

Raphael,

das gefällt mir. Wahrscheinlich stimmt es auch noch, wenn man bedenkt, dass wir im gesunden Zustand etwa 1/3 der Lebenszeit im Schlaf verbringen. Allerdings sind die Sinneseindrücke im Wachzustand womöglich für den Speicherüberlauf verantwortlich.

Im Endeffekt sind wir auch nur ein Computer, der sich eben nicht Multi-Tasking-Fähig ist, sondern nur Multi-Tasking vorgaukelt. Man kann sich eben nicht zu 100 % auf zwei Sachen gleichzeitig konzentrieren.

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Re: Was ist das Bewußtsein ?

Beitrag von Raphael » So 20. Aug 2017, 12:27

@Daniel: Ich weiß gar nicht genau warum, aber irgendwie mag ich die Analogie mit einem Computer nicht. Natürlich laufen wir, wie ein Computer, letztlich nach den gleichen physischen Spielregeln, aber dennoch scheint mir die Analogie nicht hilfreich. Vielleicht weil sie die Komplexität des menschlichen Gehirns in für mich nicht akzeptabler Weise herabstuft. Ich müßte mir dazu mal ein paar Gedanken machen.
_____________________
Zurückkommend auf das, was das Bewußtsein nicht ist, kann man als nächstes die Beziehung zur Erinnerung betrachten.

Man stelle sich einmal, ohne nachzusehen, nur aus der bewußten Erinnerung heraus antwortend, folgende Fragen: Öffnet sich die Tür des Zimmers, in dem Du Dich gerade befindest, nach links oder rechts? Welches ist Dein zweitlängster Finger? An einer Ampel, ist grün oder rot oben? Wieviele Zähne siehst Du, wenn Du Dir die Zähne putzt? Solche und ähnliche Fragen können wir nur bewußt beantworten, wenn wir uns zuvor schon einmal bewußt damit beschäftigt haben.
Wir kennen das alle aus unserer frühesten Kindheit. Bis etwa zum Alter von drei Jahren haben die meisten keine bewußten Erinnerungen (mit Ausnahme einiger weniger, meist banaler Ereignisse). Und das obwohl wir in dieser Zeit die aufregendsten Entdeckungen unseres Lebens machen und wahnsinnig viel lernen. Es kommt nur äußerst selten zu Bewußtseinsepisoden in dieser Lebensphase, weshalb wir keine bewußten Erinnerungen daran haben. Aber gleichzeitig bauen wir in dieser Zeit eine riesige Menge an unbewußten Erinnerungen und Wissen auf. Ebenso wissen wir unbewußt auf jede der Eingangsfragen ganz genau die Antwort. Aber diese Antworten sind unserem Bewußtsein nicht zugängig. Bewußte Erinnerung ist ein Fingerhut im Vergleich zum Ozean unbewußter Erinnerung.
Eine weitere Aufgabe: Erinnere Dich daran, wie Du das letzte Mal geschwommen bist... Wir sehen uns selbst von außen, wie wir in einem Pool, im Meer oder einem See schwimmen. Aber wir sehen kein Bild der tatsächlichen Sinneseindrücke. Wir erinnern uns nicht, wie sich das Wasser an unserer Haut anfühlte oder der Gummizug der Badehose drückte. Wir können es uns vorstellen, wenn wir darauf angesprochen werden, aber das hat sehr viel mehr mit Erfindung als mit Erinnerung zu tun. Man könnte es imaginale Retrospektion nennen. Man setzt logisch und aus anderen Erfahrungen eine "Erinnerung" zusammen. Unser bewußtes Gedächtnis besteht sehr viel mehr aus "Muß-so-gewesen-Sein" als auch "War-So". Bewußtsein verhilft also keinesfalls zu besserem Erinnern.

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Re: Was ist das Bewußtsein ?

Beitrag von Daniel » Mo 21. Aug 2017, 04:18

Hi Raphael,

in puncto Erinnerungen ist uns der Computer unendlich voraus, dieser kann identische Erinnerungen abrufen, ohne Datenverlust beliebig oft. Wir wissen, dass Zahnschmerzen absolut schlimm sind, aber wir können dieses Gefühl nicht erinnern und somit wieder fühlbar machen.

Gefühle werden nicht abgespeichert, aber was passiert, ist, dass wir durch Gefühle an Gefühle erinnert werden. Jeder kennt es, wenn ein Geruch seine Erinnerung an ein Gefühl aus der Vergangenheit zurückholt.

Ein Computer ist wesentlich einfacher gebaut, als ein menschliches Gehirn. Außerdem sehe ich ebenso wie du, den Unterschied darin, dass unser Gehirn nicht nur linear vernetzt ist, sondern sich eine Gehirnzelle auch mit einem dutzend anderer Gehirnzellen vernetzen kann, ohne dass ein Kurzschluss entsteht. Logische Schaltungen verbinden stets nur zwei Punkte miteinander.

Bezüglich des Bewusstseins bleibe ich bei der Prämisse, dass es einer gewaltigen Sensorik bedarf, um überhaupt in Rückkopplung mit der Realität und mit sich selbst treten zu können.

Wir wissen, dass wir echt sind, weil wir uns selbst sehen, riechen, schmecken, hören und fühlen können. Ein Computer müsste das ebenso können, doch das alleine nützt ihm nichts, seine Programmierung ist entscheidend. Wir sind auch nur programmiert. Alles was wir können, mechanisch, ist angelernt, also durch wiederholtes üben haben wir z.B. gelernt, wie man die Flasche zum Mund führt, ohne das Bier zu verschütten.

Wer Tischtennis spielen will, muss jeden Move ungefähr 10.000 mal gemacht haben, um ihn einigermaßen zu beherrschen. Dann ist der Mensch programmiert, um mittelmäßig Tischtennis spielen zu können.

Ein Computer lernt schneller bzw. gar nicht, weil es sich grundsätzlich nur um Programmierung handelt. Ein Computer kann sich nicht selbst programmieren - noch nicht.

Was uns vom Computer unterscheidet, ist vermutlich wirklich diese bewusste und unbewusste Phase. Momentan kann ein Computer nur unbewusst handeln, wir können sowohl als auch.

Warum wir unserer Existenz nicht permanent bewusst sind, liegt womöglich einfach am Entwicklungsstand, den wir Menschen bis heute erreicht haben. In 100 Millionen Jahren mag das wieder ganz anders aussehen. Aber leider wird das schwierig zu realisieren sein, weil Satanisten und Psychopathen täglich am Weltuntergang, also an der Vernichtung der Menschheit arbeiten.

Grüße

McDaniel-77

P.S.: Unterschätze den Computer nicht bzw. überschätze unsere Gehirne nicht, wir sind auch nur Bioroboter.
:D
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Re: Was ist das Bewußtsein ?

Beitrag von Michael » Mo 21. Aug 2017, 22:06

MIchael hat geschrieben:Denn auch wenn die Definition und die Beschreibung von Bewußtsein alles andere als klar ist, so dürfte doch ein Konsens darüber bestehen, dass wir es bei diesem Thema mit einem nicht-materiellen Aspekt zu tun haben.
Offenbar lag ich mit meiner Einschätzung im Eingangspost nicht ganz richtig, dass ein Konsens zu diesem Aspekt besteht. Und ich meine, es ist deshalb um so wichtiger, dass wir die materiellen Vorgänge genauer untersuchen und von - sofern vorhanden - nicht materiellen Dingen abgrenzen.

Die materiellen Abläufe in unserem Gehirn sind sehr komplex und lassen sich nur ansatzweise in vivo untersuchen. Es gibt also eine große Lücke zwischen dem Wissen, dass man von Nervenzellen in Nährmedien gefunden hat und den Abläufen in intaktem Nervengewebe im Körper. Man kann zwar prinzipiell an einzelnen Nervenzellen im Gewebe die Erregungsforteitung messen, aber die hochgradige Vernetzung im Zentralnervensystem macht es eigentlich unmöglich, Rückschlüsse über das Zusammenwirken der vielen Nervenzellen zu ziehen.

Nach meiner Einschätzung hilft deshalb nur ein Vergleich mit einer Computerschaltung, hier ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen. Das bietet sich auch deshalb an, da eine Nervenzelle ähnlich einer einfachen Transistorschaltung arbeitet. Sie hat einzelne bis viele Eingänge, aber soweit ich weiß ausschließlich einen Ausgang, der je nach Eingangssignalen eine gewisse Grundschaltung (Gatter, TTL) schon hier auf Zellebene realisiert.
Deshalb sehe ich zunächst mal keine Einwände, die Verschaltungen im Gehirn mit Binärverschaltung in einem Computer zu vergleichen. Letztlich sind die elektrischen Abläufe in einem Computer ja auch nicht digital, sondern es handelt sich um analoge elektrische Ströme, die in binäre Zustände gebracht werden. Und so ähnlich verhält es sich auch mit den Nervenzellen, die analoge Signaleingänge von Rezeptoren oder anderen Nervenzellen zu einer Fortleitung bzw. Nicht-Fortleitung in ein binäres System überführen.
Der gewichtige Unterschied ist, dass wir im Gehirn lebendige Zellen vorfinden, die nur duch ihre Verbindungen zum restlichen Organismus ihre Funktion wahrnehmen können und auch vollständig ins Gesamtgeschehen integriert sind, da wir immer bestrebt sind, als Gesamtorganismus zu handeln. Zumindest entspricht das dem gesunden Zustand, alles andere äußert sich dann als Krankheit auf kurz oder lang.
Ein Computer ist nur durch die Stromversorgung von der Umwelt abhängig, da er seine Energie daher bekommt. Deshalb sollte man bei einem Vergleich Gehirnaktivität und Computer immer nur die Schaltungsfunktionen vergleichen und weitergehende Aspekte einschränken.

Interessant wird der Vergleich aber dann, meine ich, wenn man dem Bewußtsein auf die Spur kommen möchte und sich überlegt, wie man mit ensprechenden Schaltung auf Computerebene, ein künstliches Bewußtsein schaffen würde, das dem menschlichen Bewußtsein ähnlich sein sollte.

Wichtig finde ich noch, dass man die beiden Begriffe "Bewußstein" und "Aufmerksamkeit" gut unterscheidet. Die Aufmerksamkeit ist nach meiner Auffassung ein zeitlich befristeter zielgerichteter Teilaspekt des Bewußtseins, der einzelne Sinneseindrücke besonders fokussiert und mit dem Gedächtnis zusammenarbeitet, um die gesammelten "relevanten" Informationen von unwichtigen auszusortieren.
Den Begriff "Bewußtsein" oder "Selbstbewußtsein" würde ich weitreichender definieren und vor allem die geistige Möglichkeit betrifft, mittels Gedanken sich selbst und die Welt und andere Menschen auf eine, wenn auch nur vermeintliche objektive Ebene zu betrachten. Dieses so umrissene Bewußtsein scheint Tieren nicht möglich zu sein, die in ihrem triebhaften Verhalten in das ökologische Kollektiv der Lebewesen hier auf dieser Erde direkt eingebunden sind. Allerdings besitzen viele von ihnen auch die Fähigkeit der Aufmerksamkeit, die ich deshalb sehr stark in der Verarbeitung der Sinneseindrücke sehe. Selbst das Schlafbedürfnis ist weit verbreitet im Tierreich, ohne dass man seine genaue Funktion bisher ergründen konnte.

Damit stellt sich an dieser Stelle die Frage, sind wir Menschen denn überhaupt etwas Besonderes im biologischen Sinne ? Sind wir gar lediglich Affenabkömmlinge, die ein zu großes Gehirn entwickelt haben, um besonders gut über uns und die Welt nachdenken zu können ?
Gibt es überhaupt ein geistiges nicht-materiellles Etwas, das wir subjektiv zwar als Bewußtsein wahrnehmen, das aber materiell gesehen nur eine übersteigerte Vernetzung unserer Nervenzellen darstellt ?

All diese Fragen lassen sich schwerlich eindeutig beantworten oder gar beweisen, meine ich. Zu komplex erscheint mir das Themengebiet. Es gibt allerdings viele Indizien, die dafür sprechen, dass es eine nicht-materielle Ebene gibt, die ähnlich wie die nicht aus Materie bestehenden Informationen der DNA, also die Gene, immanent in den Zellen des Nervensystems, aber auch in allen lebenden Zellen vorhanden ist.

Wer sich schwer tut, nicht materielle Dinge zu akzeptieren, kann vielleicht - um den Faden wieder zum Computer aufzunehmen - über die Frage der Verbindung zwischen Hard- und Software grübeln. Gibt es Software-Ereignisse überhaupt im Computergeschehen? Ist dieser Text, den du hier liest, nur eine geometrische Pixelanordnung oder gibt es etwas immaterielles in diesen Zeilen?
Meiner Meinung nach gibt es beides auf dieser unserer Welt - die Welt der Materie und die Welt des Geistes. Beides durchdringt sich auf magische Weise und die Frage nach dem Leben auf diesem Planeten ist Verbindung der beiden Welten....

Viele Grüße
Michael

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