Nun habe ich vor vier Monaten die Videos des Pollmers und der E.U.L.E. hier empfohlen, nachdem ich zwei oder drei davon gesehen hatte. Und obgleich manche Videos in der Tat sehenswert sein mögen, möchte ich meine Empfehlung hiermit wieder zurückziehen. Dies nachdem mich jemand auf Pollmers Beitrag über Glyphosat hingewiesen hat, welcher aus meiner Sicht (nach wochenlanger Recherche zum Thema Glyphosat) nichts als oberflächliches Gebrabbel enthält und in seiner Verharmlosung des Giftes gemeingefährlich erscheint.
Als wäre das nicht schlimm genug, behandelt Pollmers neues Video "Brotzeit: DDT, Malaria und Polio" ein Thema, welchem ich mich ebenfalls intensiv gewidmet habe und welches in meinem Video "
Polio im Kontext der Impfkritik" behandelt wird. Pollmers DDT-Video kann für die, die es sich antun wollen,
hier gefunden werden. Im folgenden zitiere ich aus dem Machwerk und schreibe meine Kommentare dazu.
Zum Einstieg gräbt Pollmer ein Zitat des südafrikanischen Theologen Desmond Tutu aus dem Jahr 2006 aus. Darin meint dieser, die Verbannung von DDT hätte in Afrika einen Holocaust ausgelöst. Nun sind solche Holocaust-Vergleiche unzweifelhaft immer der Gipfel der Wissenschaftlichkeit und keinesfalls leeres emotionalisierendes Propagandagequatsche. Wer sich mit Tutu näher beschäftigt, der wird schnell herausfinden, daß dieser Friedensnobelpreisträger von 1984 zu jedem Thema eine "fundierte" Meinung hat und sich dafür in den Sozialen Medien feiern läßt. In einer Woche kämpft er gegen Atomwaffen, in der nächsten wettert er gegen die Tabak-Lobby, dann gegen den Einsatz von Drohnen, dann gegen neue NBC-Serien, die ihm zu gewaltätig sind. Wie ein Plastikball auf den Wellen treibt er von einer angesagten Kritik zur nächsten, dem leeren Würstchen Dalai Lama nicht unähnlich, der auch nur "Weisheiten" im Programm hat, die hierzulande Grundschulkinder in ihre Poesiealben schreiben. (Nebenbei: Lesenswertes Buch: Colin Goldner - Dalai Lama: Fall eines Gottkönigs)
Aber dieser vollkommen unwissenschaftliche, ja alberne Start bestimmt den Ton des gesamten Videos. Pollmer vergleicht Aktivisten, die gegen DDT sind, schnell mit Selbstmordattentätern und anderen religiösen Fanatikern:
Wer vorgibt, gleich die ganze Welt zu retten, stellt sich über die irdische Gerichtsbarkeit, so wie andernorts die Gotteskrieger.
Nach diesem schönen Start geht es mit den unbelegten, an den Haaren herbeigezogenen Behauptungen los:
Die zur Bekämpfung der Malariamücke erforderlichen DDT-Mengen sind minimal und gewöhnlich ohne ökologische Relevanz.
Studie? Keine. Klingt nach dem Verkaufstext eines DDT-Herstellers.
Dabei ist DDT so billig, daß es sich sogar die ärmsten Länder gerade noch leisten können. Zudem ist es ziemlich wirksam.
"Ziemlich wirksam" bedeutet nichts anderes als "ziemlich giftig". Aber als verkapptes Sprachrohr der Pestizidindustrie benutzt man lieber das Wort "wirksam".
Natürlich werden die Mücken über kurz oder lang resistent, egal, was da an Insektengift versprüht wird.
Na, dann scheint das Sprühen von Gift, welches für Mensch und Tier hochgradig gefährlich ist, ja vielleicht gar keine so gute Idee zu sein...
Bei Minute 2:56 Minute im Video kommt dann die Darstellung, die mich letztlich bewogen hat, dies zu schreiben. Pollmer behauptet:
In Europa konnte die Malaria erst ausgerottet werden, als ausreichend DDT zur Verfügung stand. In Deutschland gelang dies 1950.
Ein kurzer Blick in die Literatur offenbart etwas vollkommen anderes. So lesen wir beispielsweise in
M. K. Dalitz - Autochthone Malaria im mitteldeutschen Raum:
Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war die Malaria, abgesehen von endemischen Herden in Schleswig-Holstein (Emden, Aurich) und Schlesien (Breslau, Oppeln, Landkreis Pleß), aus Deutschland verschwunden (Trautmann (1913)).
Der Grund für das Erlöschen der autochthonen Malaria liegt hauptsächlich in Veränderungen der mannigfaltigen Umweltbeziehungen der Anophelesmücken durch Eingriffe des Menschen. Zum einen wurden durch Flußregulierungen, Sumpftrockenlegungen und Kanalisationsmaßnahmen Mückenbrutplätze zerstört, zum anderen entzog sich der Mensch dem infektiösen Mückenstich durch verbesserte Wohnhygiene und zunehmende Verstädterung (Grober (1903a), Fischer (1948)). Hinzu kam eine Verschiebung im Vorkommen der Anopheles-Rassen infolge veränderten Brutplatzangebotes in kultivierter Landschaft: Der als harmlos angesehene Anopheles maculipennis typicus verdrängte vielerorts den als gefährlicher Überträger geltenden Anopheles maculipennis messeae (Fischer (1948)). Die Anwendung von Chemotherapeutika und Insektiziden war dagegen kaum von Bedeutung.
[...] Unterstützend wurde auch die Überträgermücke dezimiert: Neben Larvenvernichtung und Brutplatzzerstörung fanden Kontaktgifte, vorwiegend DDT-Präparate, Verwendung (Eisentraut (1946), Kirchberg und Mamlock (1947)). Allerdings zeigt der Vergleich mit Regionen, die sich bei den Bekämpfungsmaßnahmen auf die Heilung der Malariaerkrankten beschränkten, daß diese aggressive Mückenbekämpfung letztendlich für die Abnahme der Malariahäufigkeit ab 1947 keine große Rolle spielte (Schroeder (1950)).
Die Forschung ist sich hier einig und die Quellen sind leicht zu finden, selbst für einen Pollmer. Daß er dennoch etwas vollkommen anderes behauptet, kann nach meinem Dafürhalten nur als absichtliche Lüge gelten. Eine Lüge, die man in haargenau der gleichen Weise auch bei Pharmakonzernen und deren Impfpropaganda antrifft (siehe Video "Vom Unsinn des Impfens"). Es waren nicht irgendwelche Gifte, die Malaria in Deutschland und Europa verschwinden ließen, sondern veränderte Lebensbedingungen der Menschen. Und wie bei anderen sogenannten Infektionskrankheiten, verschwand der Schrecken lange bevor die Gifte auf die Bevölkerung losgelassen wurden. Pollmer entpuppt sich mit diesen zwei Sätzen für mich als Pestizidapologet und Pharma-Clown.
Wir sind aber erst bei Minute drei von acht. Der infame Unsinn geht weiter, natürlich, wie gehabt, ohne Nennung von Studien oder anderen Literaturquellen.
DDT verhinderte auf der ganzen Welt viele Seuchen, die durch Stechmücken, Läuse, Wanzen und Flöhe übertragen werden. – Typhus, Gelbfieber, Denguefieber, Schlafkrankheit, Fleckfieber und die Pest, um nur einige zu nennen.
All diese Krankheiten sind lange vor der Anwendung des DDT auf dem Rückzug gewesen. Dies ist nichts als Gebrabbel. Der Einsatz von DDT hat nichts mit dem Rückgang dieser Seuchen zu tun, er hatte nicht einmal positiven Einfluß auf den Rückgang, genau wie bei den Impfungen. Im Gegenteil: Der Einsatz von DDT ließ neue Seuchen entstehen.
DDT ist für Insekten giftig, aber erstaunlich harmlos für Säuger.
...versprach der DDT-Hersteller. Später im Video präsentiert Pollmer allerdings eine Liste von schweren Erkrankungen, die DDT beim Menschen auslöst (ab Minute 6). Und er erwähnt, so salopp wie nur möglich, daß nach dem Besprühen von Wohnungen in Taiwan überall tote Katzen und Mäuse gefunden wurden. Wer hat nun recht? Sein industriegesponsorter Text, den er zuerst vorlas, oder unabhängige Fallbeschreibungen und Studien?
Ab Minute 6 bekomme ich das Gefühl, er habe mein Polio-Video gesehen, aber nicht verstanden. Hier taucht die einzige Quelle auf, die er erwähnt, nämlich Morton Biskinds Artikel von 1949. In der Folge legt sich Pollmer allerdings eine der bescheuertsten Verschwörungstheorien zu, die ich seit langem gehört habe. Ich habe nichts gegen Verschwörungstheorien (manche sind anerkannt, wie die Machenschaften der Mafia, andere sind plausibel, wiederum andere sind unsinnig). Und die geht so: Biskinds Entdeckung, daß DDT Polio auslöst, wurde von praktisch allen anderen Ärzten der USA deshalb nicht akzeptiert, weil sie einen öffentlichen Skandal und die Schadensersatzforderungen an die Industrie verhindern wollten.
Die Ärzteschaft wird also so klug gewesen sein, den Patienten unverdächtige Diagnosen zu stellen, wie Grippe, Darminfekte oder auch mal Kinderlähmung. Und weil es damals natürlich auch viele echte Fälle von Kinderlähmung gab, fiel das nicht unbedingt auf, umso mehr, als eine Impfung Abhilfe versprach.
Pollmer hat also auch Biskinds Artikel nicht verstanden. Es gab keine andere Ursache für die Kinderlähmung als Vergiftungen. Seine "Theorie", alle Ärzte hätten sich im Wissen um DDT-Vergiftungen absichtlich dazu verschworen, diese als andere Krankheiten fehlzudiagnostizieren, ist einfach nur bescheuert. Die damaligen Ärzten glaubten einfach der pharmagesteuerten Propaganda, die Polio als Viruserkrankung darstellte und DDT und andere Pestizide als für den Menschen ungefährlich verherrlichte. Und beides macht Pollmer ebenfalls.
Fazit: DDT ist ein für Mensch und Tier gefährliches Gift, welches bestenfalls einen kurzen Erfolg gegen Malaria bringt, aber auf Dauer wirkungslos ist, da die Insekten resistent werden. Die Langzeitfolgen für die Ökologie und die menschliche Gesundheit sind schwerwiegend. Malaria kann, wie alle sogenannten Infektionskrankheiten, nur durch die Verbesserung der Lebensumstände zurückgedrängt werden. Nicht durch das wahllose Versprühen von Giften, die von den skrupellosen Herstellern als unbedenkliche Wundermittel präsentiert werden. Pollmer hat sich durch die offene Unterstützung dieser Industrie und ihrer Gifte für mich erledigt.