@Ingo: Deine Leidenschaft für Herrn Turturs Arbeit in allen Ehren. Ich würde mir ebenfalls wünschen, daß es so einfach wäre, die gesamten Stromversorgungsprobleme der Welt zu lösen. Aber wie H. L. Mencken einst bemerkte: "Es gibt immer eine wohlbekannte Lösung für jedes menschliche Problem, die elegant, plausibel und falsch ist."
Du schreibst:
Was ihm nE zugute kommt ist, dass er nicht theoretisch irgendetwas zusammenschwurbelt und das dann versucht nachzuweisen, sondern genau das Gegenteil ist der Fall. Er stellt in einem kleinen Versuch eine Kraft fest, fragt sich, was das für eine Kraft sein könnte.
Wie kommst Du auf diese Abfolge? Turtur selbst gibt das genaue Gegenteil an. Er hat beispielsweise eines dieser typischen Bücher geschrieben, in denen versucht wird, Esoterik und Spiritualität durch die Quantenmechanik einen wissenschaftlichen Anstrich zu verpassen. Also der Schwachsinn aller Irrationalen, die Konzepte mit Objekten verwechseln. Er behauptet, die Quantenmechanik sei beste Wissenschaft, und da sie allerlei esoterische Konzepte enthält, sei die Esoterik auch wissenschaftlich gerechtfertigt. Natürlich ist es genau andersherum: Die Quantenmechanik ist ein Auswuchs irrational-esoterischen Unsinns und daher gänzlich unwissenschaftlich.
Aber nun zur Rangfolge von Theorie und Experiment bei Turtur. Dazu schreibt er in Bezug auf besagtes Buch:
https://www2.ostfalia.de/export/sites/d ... s_Buch.pdf
Das Buch führt u.a. auch in den geistigen/philosophischen und geistlichen Hintergrund ein, auf dessen Basis meine Forschungsergebnisse in der Technik der umweltfreundlichen und sauberen Energieversorgung (die Nullpunktsenergie des Quantenvakuums, kurz Raumenergie) erst möglich wurden.
Also, auf Basis seines esoterischen (geistlichen!) Weltbildes entstanden erst seine Forschungsergebnisse.
Dann habe ich mir mal die Mühe gemacht und eine seiner zwei wissenschaftlichen Arbeiten überflogen (130 Seiten).
https://www2.ostfalia.de/export/sites/d ... eutsch.pdf
Darin beginnt er ebenfalls mit theoretischen Überlegungen und stellt klar, daß diese zuerst da waren. Zitat:
Entscheidend für die Erstellung der vorliegenden Arbeit war die Frage: Auf welche Weise lässt sich Vakuumenergie im Labor in eine klassische Energieform umwandeln?
Turtur bekommt seine "Raumenergie" auf Grundlage der Allgemeinen Relativitätstheorie (die eh wertlos ist), indem er Einsteins erfundene kosmologische Konstante, die später zu "Dunkler Energie" wurde, als Ausgangspunkt nimmt. Man liest:
Dass dieser Raum aber nicht vollständig leer ist, sondern durchaus Objekte der Physik enthält, ist allgemein bekannt. Dies spiegelt sich auch in der allgemeinen Relativitätstheorie mit der Einführung der kosmologischen Konstanten wieder, die letztlich ihre Ursache in der Gravitationswirkung des „bloßen Raums“ hat. Ihr Name „kosmologische Konstante“ deutet darauf hin, dass große Mengen des bloßen Raumes, wie sie im Universum vorliegen, zu messbaren Effekten führen, nämlich zu einer Beeinflussung der Expansionsgeschwindigkeit des Universums. Die Frage ist nun, ob man neue Methoden entwickeln kann, mit denen sich von dem, was im Vakuum vorhanden ist, noch etwas entnehmen lässt, was man bisher nicht entnehmen konnte.
Es bleibt kein Zweifel, daß bei Turtur die fixe Idee der "Konvertierung von Raumenergie" vor dem eigentlichen Versuchsaufbau kam. Mitnichten hat er was gebaut, das dann zufällig den Eindruck von "Overunity" erweckte. Er wußte, was er finden wollte, glaubte ganz fest daran und hat konkret danach gesucht. Das führt fast immer zu unbewußten Fehlern beim Versuchsaufbau und zur Selbsttäuschung. So auch bei Turtur (dazu weiter unten noch mehr; ich gehe Ingos Beitrag chronologisch durch).
Ingo, Du schreibst weiter:
Es gibt ja sogar Leute, die das klassische Physikmodell (!) komplett anprangern, von einem Plasmaversum reden und sich ebenfalls schwer tun, gegen das Heer der Förderungsgeld-Empfängern anzustinken
Turturs Lage ist eine komplett andere als meine. Ich behaupte nicht, alle Probleme der Welt in einem kleinen Kasten lösen zu können. Ich präsentiere meine Sicht auf moderne Theorien, und mein Weltbild. Und ich tue mich nicht im geringsten schwer gegen den Mainstream. Der PlasmaVersum-Film hat weit über eine halbe Million Aufrufe, ohne daß ich auch nur eine müde Mark in irgendeine Vermarktung gesteckt hätte. Die Mainstreamphysiker mögen davon keine Notiz nehmen, weil sie blanke Angst um ihr Ansehen, ihre Karrieren und Fördergelder haben. Turtur hingegen ist einer von ihnen, der einfach die physikinternen, unausgesprochenen Grenzen des Schwachsinns überschritten hat.
Daß Turtur sich nicht in den Definitionen DIESES Forums bewegt ist für mich nachvollziehbar.
Es geht auch nicht darum, was Turtur macht oder nicht. Die Definitionen sind dazu da, daß wir uns hier verständigen können. Und sie können als Teil der Methode der definitiven Objektivität die Irrationalität hinter der modernen Physik offenbaren. Turtur steckt voll und ganz in eben dieser Irrationalität und leitet den Zweck seiner Aufbauten eben daraus ab.
Ich bin etwas enttäuscht, daß er hier in die Eso und Glaubensecke gestellt wird.
Ähm, in die Glaubensecke hat er sich ja nun selbst freiwillig gestellt, indem er erstens sein Buch "Kausalität, Determinismus, Glaube" geschrieben hat, zweitens von sich sagt, er sei überzeugter evangelischer Christ, er glaube an einen Urknall, Einsteins Quatsch, Quantenbrei und all den anderen pseudowissenschaftlichen Unsinn.
Ich habe gehofft, die Experten hier auch vielleicht etwas tiefer graben.
Nun, ich habe persönlich das Gefühl, daß ich sehr viel tiefer gegraben habe als Du. Du hast Dir offenbar nur ein youtube-Video angesehen, in dem Turtur seine Behauptungen raushaut. Ich habe seine Webseite durchgesehen, habe die Verbindung zu Terawatt recherchiert und mir eine seiner zwei Arbeiten vorgenommen. Und dazu geht es jetzt weiter.
Sein Versuchsaufbau ist denkbar simpel. Er hat einen Rotor aus Alu, der auf Styroporfüssen auf Wasser schwimmt, und die Quelle für sein elektrostatisches Feld über dem Rotor.

Der Knackpunkt an Turturs Aufbau wird sofort deutlich: Zur Lagerung seines Rotors (er muß ja möglichst geringe Reibungsverluste erzielen) benutzt er zunächst Wasser, später Öl bei den Vakuumversuchen. Er schreibt:
Der erste Ansatz wurde mit der hydrostatischen Lagerung durchgeführt, die zwar einer schnellen Bewegung des Rotors im Wege steht, aber eine langsame Rotation sehr sicher ermöglicht, falls denn das Prinzip des elektrostatischen Rotors überhaupt funktioniert. Dies genügt für einen physikalischen Nachweis der Wandlung von Raumenergie. Nachdem dieser Nachweis mit der hydrostatischen Lagerung erfolgreich gelungen ist, kann man dazu übergehen, auch mit anderen Lagerungsarten zu experimentieren, z.B. mit einer Spitzenlagerung, denn die hydrostatischen Lagerung ist nicht die erste Wahl für spätere technische Anwendungen. Allerdings ist der Bau eines spitzengelagerten Rotors zur technischen Reife noch in der Entwicklung und benötigt noch einige Optimierungen.
Seine Rotoren, die die "Raumenergie" nachgewiesen haben sollen, waren somit alle schwimmend gelagert. Nun ist es so, daß bei Wasser auf Zimmertemperatur immer kleine Mengen verdunsten. Da Wasser eine Dipolstruktur besitzt, werden die gasförmigen Wassermoleküle im elektrostatischen Feld beschleunigt. Dadurch kommt es zu einem fortwährenden Antrieb des Rotors. Die "überschüssige Energie", seine "Raumenergie" leitet sich somit in diesem Fall aus nichts anderem als der Umgebungs- bzw. Eigentemperatur des Wassers ab, die zu Verdustung führt. Mit keinem Wort erwähnt Turtur das Wasser und dessen Temperatur in Bezug auf den Versuch.
Er selbst wendet ein, daß es zur Ionisationen der Luftmoleküle kommen könnte, weshalb sein erster Ansatz nicht als Beweis verstanden werden könne. Daher macht er den gleichen Versuch im Vakuum. Er schreibt:
Mit den berichteten Tests an Luft ist zwar noch kein vollständiger Beweis erbracht, dass die Rotation auch ohne Anwesenheit von Gasmolekülen möglich ist, aber dieser endgültige Beweis wird nachfolgend beschrieben. Um eine Wechselwirkung des Aufbaus mit Gas-
molekülen oder Gasionen sicher auszuschließen, wurden diese entfernt, d.h. der elektrostatische Rotor wurde im Vakuum betrieben.
Und was nahm Turtur als Lagerung? Wasser natürlich nicht, dafür aber Öl! Und wie jeder Physiker, der mit Vakuumtechnik zu tun hat, weiß, treten im Vakuum flüchtige Gase aus dem Öl aus. Turtur hat also eine Wechselwirkung mit Gasmolekülen oder -ionen nicht ausgeschlossen. Die Gasteilchen, die aus dem Öl austreten, treiben seinen Rotor an. Über die Probleme von Öl in einem Vakuum verliert Turtur kein Wort.
Und damit ist das Thema Turtur für mich abgeschlossen. Was er mit seinen aus Küchenutensilien selbstgebastelten Rotoren und seinen Fluidlagerungen macht, ist reine Pseudowissenschaft. Übrigens haben vor Jahren mal ein paar österreichische Bastler, die eigentlich Befürworter der "Freien Energie" sind, versucht, Turturs Versuch zu überprüfen. Sie wußten um die Probleme der Fluidlagerung und verwendeten eine spezielle Kugellagerung. Sie konnte keine der Behauptungen von Turtur bestätigen und schrieben:
Das elektrostatische Feld hat schon für so manche Spekulation gesorgt. [...] Die Materie scheint aber doch komplexer zu sein, als dass mit so einem einfachen Aufbau, wie ihn dieser Rotor darstellt, bereits Energie aus dem elektrischen Feld ausgekoppelt werden kann.
Hier ist der gesamte Artikel nachzulesen:
http://archive.is/KMto5#selection-641.1-649.285